Hier gibt es dies und jenes aus dem Leben der Leute von 1600 bis 1630 |
Was kam im Herrenhaus und was in der Bauernkate auf den Tisch?
Obwohl Essen und Trinken ein Grundbedürfnis des Menschen ist, muß man sich eine Mahlzeit leisten können.
Naturgemäß wird man eher satt, wenn auch der Geldbeutel gefüllt ist. Wer aber wie die Bauern auf dem flachen Land nicht nur den Territorialfürsten und den Klöstern Abgaben entrichten mußten, sondern besonders im Krieg auch der Soldateska und deren Troß ausgeliefert war, der hatte eine ganz andere Speisekarte!
Selbst mittelalterliche Kochbücher unterscheiden zwischen Herren- und Bauernspeisen.
"Herren", das waren adlige Landbesitzer, die hohe Geistlichkeit und in gewisser Weise auch die Patrizier in den
Städten.
"Bauern" waren allgemein die Abhängigen; nicht nur die Bauern, sondern auch die unteren Schichten der
Stadtbevölkerung.
In Friedenszeiten und nach guten Ernten gaben sich die Bauern offenbar auch mal der Schwelgerei hin. Das
wiederum behagte den geistlichen Moralisten überhaupt nicht, wurden doch dadurch die festgefügten Standesstrukturen
schon äußerlich aufgelöst.
Ähnlich wie bei der Kleiderordnung versuchten einige satte Privilegierte "Essordnungen" einzuführen.
Mit folgender Klage über den Verfall der "Essmoral" beschwerte sich ein satter Zeitgenosse:
Den Bauern bestimmt man zur Speise
Fleisch und Kraut und Gerstenbrei;
Ohne Wildbret sollten sie sein,
am Fasttag Hanf, Linsen und Bohnen;
Fisch in Öl sollten sie schon
Die Herren essen lassen, das war so Brauch,
Nun essen sie mit den Herren
Alles, was man Gutes finden kann.
Grundsätzlich unterschied sich die bäuerliche Küche von der herrschaflichen Küche dadurch, daß die bäuerliche Küche weitgehend vegetarisch ausgerichtet war. Als Grundnahrung dienten das Brot. Ergänzend kamen Getreidebreie, vor allem aus Gerste und Hafer, seltener auch Hirse und Dinkel auf den Tisch. Aber auch das Brot war ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal: je heller das Brot, um so herrschaftlicher die Tafel.
In einigen Gegenden Deutschlands war es Bauern sogar untersagt, das fein gemahlene Weißbrot aus Weizenmehl auf den bäuerlichen Tisch zu bringen. Weißbrot war für den Herrentisch reserviert.
In den bäuerlichen Familien wurden alle Arten von heimischen Gemüsen gegessen. Vor allem Rüben, verschiedene Kohlsorten, Lauch, Rettich, Möhren, Zwiebeln, Kürbisse und Gurken, die zuerst in den Klostergärten kultiviert wurden.
Daneben gab es Fenchel, verschiedene Salate, wie etwa Rapunzel, ferner Erbsen, Linsen und dicke Bohnen. (Die weißen und grünen Bohnen kamen erst nach der Entdeckung Amerikas nach Europa.)
In schwierigen Zeiten wurden in den bäuerlichen Katen vor allen Dingen Rüben und Kohl im Winter fast ausschließlich als Sauerkraut verzehrt.
Wenn schon einmal Fleisch auf den bäuerlichen Tisch kam, war es in der Regel Geflügelfleisch. Rind oder Kalbfleisch waren ausgeschlossen; sie dienten einerseits der Milchproduktion und als Fleischreserve der Landbesitzer. Schweinefleisch hingegen scheint an großen Festtagen wie Bauernhochzeiten und dergleichen schon mal auf den Tisch gekommen zu sein.
Wenn auf dem Bauernhof geschlachtet wurde, dann wurde das "edlere Fleischstück" des Rindes oder Schweines für die herrschaftliche Tafel geliefert oder geräuchert. Zum Teil und nicht überall konnten sich die Bauern Würste für den Wintervorrat in ihre Räucherkammern hängen. Alle Innereien, auch Lunge, Nieren, Hirn u. dgl. wurden restlos verwertet.
Wildbret war für die Bauern absolut tabu. Das Jagen war ein Adelsprivileg und konnte mit dem Tode bestraft werden.
Obwohl Fisch für die Herren reserviert war, aßen die Bauern zur Fastenzeit auch Fische die der Bach und die Teiche hergaben. Allerdings zählten Lachs, Hecht, Barsch und Aal zur Herrenspeise. Daß man es aber nicht überall so genau nahm, insbesondere wenn das Angebot im Überfluß war, beweist eine Weisung des Rates der Stadt Hann-Münden im Hessischen: derzufolge haben die Einwohner Lachs nur drei mal pro Woche essen dürfen...
Immerhin blieben den Bauern wenn es die Gegend hergab Neunauge, Hausen, Forelle u.dgl. Besonders der Hausen (eine Störart) war beliebt, weil man aus seiner Schwimmblase, wenn man sie in warmem Wasser auflöste, ein Geliermittel gewinnen konnte.
Eingesalzener Hering und Kabeljau wurden auf den Märkten der Städte angeboten; ebenso der Stockfisch.
Beiden Küchen, der Herrschaftlichen und der bäuerlichen standen (unabhängig von der Jahreszeit) Käse und Eier zur Verfügung.
Natürlich standen heimische Früchte sowohl den Bauern als auch den Herren zur Verfügung. Neben Kirschen, Äpfeln, Birnen, Quitten, Pflaumen, Schlehen, Pfirsichen, Erdbeeren, Johannisbeeren, Stachelbeeren, Brombeeren, Blaubeeren, Hagebutten, Holunderbeeren und Haselnüssen standen der herrschaftlichen Küche (laut Kochbuch) zusätzlich Weintrauben, getrocknete Weinbeeren und importierte Früchte wie Feigen und Datteln, Mandeln, Pomeranzen und Limonen zur Verfügung.
Erstaunlicherweise bieten die Rezeptbücher dieser Zeit Pilzgerichte nur sehr selten an.
Daß die erwähnten Import-Früchte offenbar in größerem Maße in den Speichern der Handelsstädte bereitstanden, zeigt der "Wunschzettel", den der kaiserliche Feldherr Tilly nach der Einnahme der Stadt Leipzig dem Rat der Stadt vorlegte.
Vor allem Mandeln wurden in der herrschaftlichen Küche unentbehrlich. Nicht nur, daß sie ein wichtiger Bestandteil von Marzipan waren, - viele Gerichte wurden auf der Basis von Mandelmilch hergestellt. Mandelmilch bestand aus einer Mischung aus im Mörser fein zerstoßenen Mandeln mit Wasser und Wein. Mandelmilch wurde auch als Milchersatz in der Fastenzeit verwendet.
Was bei Arm und Reich tatsächlich auf den Tisch kam, war geprägt von den Schwankungen zwischen Mangel und Überfluß wenn auch in unterschiedlichem Maße.
Die Angst, schon morgen könnten die Lebensmittel durch eine Mißernte oder durch kriegerische Einflüsse knapp und teuer werden, führte dann oft dazu, daß Essen an Festtagen exzessive Formen annahmen. Die erwähnten Bilder von Bauerhochzeiten des Pieter Brueghel sind wahrscheinlich eher der Erfahrung von Hungersnöten als den Phantasien vom Schlaraffenland entsprungen. Man "fras sich voll", aus Angst, morgen könnte der Teller leer bleiben.
Diese Ängste brauchten die Herren an ihrer Tafel nicht zu haben; sie waren die letzten, die zum Beispiel von einer Mißernte betroffen wurden.
Allerdings bogen sich auch bei ihnen die Tische nicht unter der Last der aufgetragenen Speisen.
Lediglich bei sogenannten Festessen wurde aufgetragen, was die Speisekammer hergab. Festessen waren private Hochzeitsfeiern oder Essen für einflußreiche Besucher.
Um den Prunk der städtischen Oberschicht und die dadurch mögliche Verschuldung in Grenzen zu halten, wurden in einigen Städten Beschränkungen auf höchstens fünf Gänge verfügt, und die Teilnehmerzahl auf maximal 80 Gäste "eingeschränkt".
Kam der Kaiser und seine Kurfürsten in die Stadt, wie anno 1620 nach Mühlhausen und nahm sich mehrere Wochen Zeit, um eine Entscheidung wie in diesem Fall gegen den Winterkönig Friedrich V. zu fällen wurde die gastgebende Stadt oft an den Rand des Ruins gedrängt, denn die Stadtbewohner mußten für Logie und Kost der hohen Gäste und deren Gefolge aufkommen.
Bei solchen Gelegenheiten wurden laut Chronist zum Beispiel folgende Speisefolgen aufgetragen:
Zuerst Kirschen, dann Weißbrot, vorzüglicher Wein, junge dicke Bohnen in Milch gekocht, Fische und Krebse, Aalpasteten, Reis mit Mandelmilch und Zimt, gebratene Aale mit erstklassiger Sauce, Torten, Kuchen und schließlich Früchte.
Am zweiten Tag könnte die Speisefolge so ausgesehen haben:
Eiersuppe mit Safran, Pfefferkörnern und Honig, Hirsegemüse Schaffleisch mit Zwiebeln, gebratenes Huhn mit Zwetschgen, Stockfisch mit Öl und Rosinen, in Öl gebackene Bleie, gesottener Aal mit Pfeffer, gerösteter Bückling mit Leipziger Senf, sauer zubereitete, gesottene Fische, gebackene Barben, in Schmalz zart gebratene kleine Vögel mit Rettich, eine Schweinskeule mit Gurken.
Damit die hohen Herren nicht vom Fleische fielen, hätte man am dritten Tag der Würde der Gäste angemessen diese Speisefolge anbieten können:
Schweinefleisch, Eierkuchen mit Honig und Weinbeeren, gebratenen Hering, kleine Fische mit Rosen, aufgebratene Bleie, gebratene Gans mit roten Rüben, gesalzene Hechte mit Petersilie, Salat mit Eiern, Gallert und Mandeln.
Man muß wissen, daß diese Gerichte nicht nacheinander in der genannten Speisefolge, sondern gleichzeitig aufgetragen wurden.
Diese Sitte entsprach nicht nur dem Bedürfnis, durch die Opulenz der Speisen den eigenen gesellschaftlichen Rang zu dokumentieren, sondern vor allem auch der höflichen Rücksichtnahme auf jene Gäste, welche die eine oder die andere Speise nicht vertragen oder nicht mögen.
(Zu diesen empfindlichen Gästen gehörte zum Beispiel bei dem erwähnten Fürstentag in Mühlhausen - nach einigen Quellen auch Bayernherzog Maximilian, der offenbar stets von Verdauungsproblemen geplagt war.)
Zu den Höhepunkten fürstlicher Festessen gehörten die sogenannten Schaugerichte. Kunstvolle Aufbauten aus Pastetenteig mit Vögeln, denen nach dem Braten die Federn wieder angesteckt wurden, oder feuerspeiende Wildschweinköpfe gehörten dazu.
Bei der Hochzeit Herzog Wilhelms V. von Bayern mit Renata von Lothringen fünfzig Jahre vor Ausbruch des dreißigjährigen Krieges, wurde gar ein ganzes Labyrinth mit Rittern und Damen, Schlössern und Gärten, in denen die Göttinnen Ceres, Diana und Pomona lustwandelten, aufgetragen.
Wenn in den Chroniken aus der Zeit des dreißigjährigen Krieges oft von Hungersnöten geschrieben steht, dann haben diese Hungersnöte ihre Ursachen natürlich in Verwüstungen des Umlandes durch marodierende Söldner und ihren Troß oder in witterungsbedingten Mißernten oder Unwettern. Obwohl diese Probleme oft regional sehr eng begrenzt waren, war es nicht möglich, durch Nahrungslieferungen aus nichtbetroffenen Gebieten diesen Mangel auszugleichen. Die Infrastruktur des Reiches war nur auf wenige ausgebaute Handelsstraßen beschränkt, und die Transportkapazitäten reichten nur aus, um größere Heere zu versorgen. In einer ausgeplünderten Region hatten die Betroffenen auch kein Geld, um die dann mit Sicherheit überteuert angebotenen Nahrungsmittel und das Saatgetreide zu bezahlen.
Da also weder ausreichend schnelle Transportmittel vorhanden waren noch effektive und produktschonende Konservierungsmöglichkeiten existierten, war man zu jener Zeit auf Gemüse und Früchte, aber auch auf das Fleisch der jeweiligen Region angewiesen.
Der Küchenzettel war von den Jahreszeiten diktiert.
Die Monate Oktober und November waren zum Beispiel Monate, in denen geschlachtet wurde. Das hatte drei Gründe: Erstens brauchte man dann die Tiere nicht durch den Winter zu füttern und zweitens bot die kalte Jahreszeit die besseren Bedingungen für die Verarbeitung und Konservierung des Fleisches. Drittens waren zu Martini (11. November) die Naturalabgaben an die Herrschaft oder /und an das Kloster fällig. Diese Abgaben wurden in Form von Schlachtfleisch und Geflügel getätigt.
Übrigens hat hier der Brauch des Martingans-Essens seine Wurzeln.
In alten Kalendern oder Stundenbüchern kann man in diesen Monaten oft Motive sehen, die zeigen, wie die Schweine noch einmal durch den Wald getrieben werden, damit sie sich mit Eicheln vollfressen, bevor sie geschlachtet werden.
Die wichtigsten Konservierungsmethoden waren in dieser Zeit das Trocknen, das Räuchern und das Einsalzen beziehungsweise Pökeln. Das Einsalzen wurde in Klöstern, an Fürstenhöfen und in Patrizierhäusern praktiziert, weil es voraussetzt, daß man das notwendige Salz auch bezahlen konnte. Bei den Bauern auf dem flachen Lande kann man deshalb diese Konservierungsmethode weitestgehend ausschließen.
Getrocknet wurden vor allem magere Fleischsorten und Fische. Aber auch Erbsen, Bohnen, Linsen sowie Äpfel, Birnen, Weinbeeren, Kirschen und Pflaumen wurden in der Sonne getrocknet oder im Ofen gedörrt.
Fette Fleischsorten, Würste und Fische wurden dagegen geräuchert.
Fische, insbesondere Seefische wurden eingesalzen, um sie als Fastenspeise ins Inland transportieren zu können.
Kohl wurde durch Einsäuern langfristig haltbar gemacht und kam als Sauerkraut nicht nur in der Bauernkate, sondern auch in Herrenhäusern regelmäßig auf den Tisch.
Einkochen war in den Klöstern verbreitet, während Früchte als stark eingedickt Masse oft als Konfekt gehandelt wurden.
Im Gegensatz zu heutigen Gewohnheiten war das Essen in der Zeit (nicht nur) des 17. Jahrhunderts außer von sozialen Normen und den Jahreszeiten auch in starkem Maße durch religiöse Gebote bestimmt. Genauer gesagt handelte es sich dabei mehr um Verbote, die vorschrieben, welche Personengruppen in welcher Zeit etwas nicht essen dürfen.
Diese Eßverbote, heute etwas locker als Fastenzeit tituliert, waren damals weit umfangreicher als jeder Diätplan unserer Zeit.
Die Fastenzeiten erstreckten sich zum Beispiel auf die vierzigtägige Fastenzeit vor Ostern, drei Bittage vor Christi Himmelfahrt, die sogenannten vier Quatember (also jeweils Mittwoch, Freitag und Samstag zu Beginn jeden Vierteljahres) sowie nach dem 3. Advent, dem ersten Fastensonntag nach Pfingsten und nach dem 14. September. Außerdem die Vorabende der wichtigen Heiligenfeste sowie jeden Freitag und Samstag.
Die Anzahl der Feiertage war so hoch, daß jährlich kaum mehr als 230 Fleischtage zum Schlemmen übrigblieben. Allerdings besagten die Fastenregeln nicht, daß auf Nahrung völlig verzichtet wurde, sondern schrieb lediglich vor, daß bestimmte Nahrungsmittel nicht gegessen werden durften.
Die Geistlichkeit wäre ein schlechter Moralwächter gewesen, wenn sie nicht durch Auslegungen der Regeln für sich selbst Lösungen gegen den großen Hunger gefunden hätte. So ist zum Beispiel zufällig die Speisefolge der Hauptmahlzeit eines Bischofs aus Kärnten in der Fastenzeit überliefert:
Satt geworden scheint der Bischof allemal zu sein.
Nicht alle konnten sich so streng an die Fastengebote halten wie der Bischof. Auch das einfache Volk suchte nach Lösungen, die Regeln weiter auszulegen. Zum Beispiel erweiterte man die Definition des Begriffs "Wassertier". Eine Lösung bot sich beim Biber an: da er einen geschuppten Schwanz hatte, gehörte er nach Meinung der Liebhaber dieses Fleisches zu den Fischen...
Die Anzahl der Mahlzeiten pro Tag war nach Gegend, Stand und wirtschaftlicher Lage unterschiedlich.
Es gab Mönchsorden, die im Winter und zu Fastenzeiten nur eine Mahlzeit, außerhalb der Fastenzeit zwei Mahlzeiten zu
sich nahmen.
Man kann davon ausgehen, daß auf dem Lande nur zwei Mahlzeiten üblich waren.
Bei Adel und gut
situierten Stadtbewohnern wurden drei bis vier Mahlzeiten gereicht.
Dabei bestand das Frühstück oft nur aus einem
Becher Wein. Gegen 9 Uhr, zum Frühmal, das unserem Mittagsmahl entsprach, wurden mehrere Gänge gereicht. Zum Vesper
nahm man wieder Wein zu sich, in das man Brotbrocken tauchte.
Das Abendessen war mit mehreren Gängen die Hauptmahlzeit. Es wurde unterschiedlich je nach Jahreszeit zwischen 3 und 6 Uhr nachmittags eingenommen.
Die Abfolge der Gerichte war nicht so, wie heutzutage gewohnt: zum Beispiel Vorspeise, Suppe, Hauptgericht, Nachspeise, Süßspeise oder Obst. In einem Gang kamen wie schon beschrieben ganz unterschiedliche Gerichte gleichzeitig auf den Tisch.
Nur süßes Gebäck und Süßspeisen aus Obst wurden fast immer am Ende der Mahlzeit serviert.
Etwas anders gestalteten sich natürlich die Eßgewohnheiten auf dem Bauernhof. Dort bildete eine Schüssel Brei vom Vortag, den man aus dem noch warmen Kessel löffelte oder Brot, das man in rohes Ei tauchte, das erste Frühstück. Mittags gab es wieder Brei und abends eine Suppe mit Brot.
Bier war das Hauptgetränk in Stadt und Land. Allerdings war sein Alkoholgehalt weit niedriger als bei den uns heute bekannten Sorten. Bier wurde auf dem Lande in jedem Haushalt selbst hergestellt. Da nicht überall ausreichend Hopfen zum Haltbarmachen des Bieres vorrätig war, mußte es alle zwei bis drei Tage neu angesetzt werden.
In den Städten und Klöstern gab es dafür schon spezialisierte Gewerbe und deren Wissen war Geld wert: noch heute kennt man manche Klöster nur aufgrund ihrer Bierqualität...
Wer Bienen am Haus züchtete, besaß nicht nur den begehrten Honig zum Süßen, sondern konnte auch den damals sehr beliebten Met ansetzen. Met bestand aus gegorenem Honigwasser und war je nach Region und Tradition mit Hopfen und Salbei versetzt.
Wein war in der Regel den Herrentischen vorbehalten; es sei denn, man war selbst Weinbauer. Natürlich hatten auch da die Mönche die Nase vorn, aber am Rhein trank man halt Wein unabhängig welchem Stand man angehörte.
Da deutscher Wein den Bedarf nicht decken konnte, wurde Wein auch importiert. Die höheren Kosten der Importweine versuchte man durch Pantschen auszugleichen. Als Mittel der "Verfeinerung" wurden dem Wein folgende Ingredienzien beigefügt: Senf, Asche, Ingwer, Salz und Weinstein. Die modernen chemischen Zusätze wie zum Beispiel Glykol kannte man damals noch nicht ...
Tafelgeschirr gab es nur auf Herrentischen und in begüterten Patrizierhäusern. Als Besteck dienten Messer und Löffel. Die Gabel hatte es schwer, sich durchzusetzen. In einigen Klöstern war es sogar untersagt, mit Gabeln zu essen, weil sie drei Zinken hatten und von den Mönchen deshalb als Teufelszeug angesehen wurde.
Die bäuerliche Familie aß in der Regel aus Holzschüsseln und nur ganz selten konnten plündernde Soldaten in einer Bauernkate einen Zinnteller rauben. In einigen Teilen Österreichs war es üblich, daß Speisen aus der Vorlegeschüssel auf den als Teller dienenden Brotfladen serviert wurden. Der Holzlöffel und das Messer genügten.
Die Tischsitten waren an einigen Höfen durch "Tischzuchten" geregelt, um Auswüchsen entgegenzuwirken. Zum Beispiel wurde darum angehalten, die Messer nicht am Stiefelschaft sauber zu putzen und nicht ins Tischtuch zu schneuzen. Über solche Vorschriften wachte streng der sogenannte Zeremonienmeister falls man sich einen leisten konnte oder wollte.
Daß selbst in höchsten Kreisen, zum Beispiel am Hofe der sächsischen Kurfürsten Johann Georg solche Tischzuchten außerkraft gesetzt wurden, beweist folgende Schilderung :
"Johann Georg, Kurfürst von Sachsen, ein junger Dreißiger, blond, breitschultrig, mit einem rötlichen offenen Gesicht, war in seinen Ansichten konservativ und patriotisch. Er trug einen Bart nach Landesart, hatte kurzgeschorene Haare und verstand kein Wort Französisch. Seine Kleidung war gediegen, einfach und von gutem Geschmack, wie sie einem Fürsten ziemte, der auch ein guter Christ und Familienvater war. Seine Tafel war reichlich mit heimischem Wild, Obst und Bier besetzt. Dreimal wöchentlich erschien er mit seinem gesamten Hofstaat, um eine Predigt zu hören und das Abendmahl nach lutherischem Brauch zu nehmen. Im Rahmen seiner Intelligenz lebte er seinen Grundsätzen gemäß ein makelloses Privatleben in einer bedrückend hausbackenen Atmosphäre. Obwohl er von der Jagdleidenschaft besessen war, mangelte es ihm nicht an Kultur, und er hatte Verständnis für Schmuck und Goldschmiedearbeit und vor allem für Musik. Unter seiner Förderung gelang Heinrich Schütz das Wunder der auf eine spätere Zeit vorausdeutenden Verschmelzung deutscher und italienischer Strömungen in der Musik.
Trotz dieser Kulturbedürfnisse war Johann Georg der guten alten deutschen Sitte des Zechens in einem Maße treu geblieben, das Männer von französischer oder spanischer Geisteshaltung und Lebensart, wie Friedrich von der Pfalz und Ferdinand von Steiermark, abstieß. Von Johann Georg, der ausländische Leckerbissen verschmähte, war bekannt, daß er durch sieben Stunden ohne Unterbrechung an der Tafel sitzen und heimische Gerichte in sich hineinstopfen und sie mit sächsischem Bier hinunterspülen konnte, wobei der witzige Anlauf, den er zu einer Konversation nahm, darin bestand, daß er seinem Hofzwerg ohrfeigte oder daß er die Neige aus seinem Krug einem Diener über den Kopf goß, womit er kund tat, daß er ihn frisch gefüllt haben wollte. Er war kein chronischer Säufer; in nüchternem Zustand war er völlig klaren Geistes, aber er trank zu viel und zu häufig. Später wurde es Mode, ihn immer, wenn er eine sinnlose politische Entscheidung getroffen hatte, nachzusagen, daß er nicht mehr nüchtern gewesen sei. In den Berichten, wenigstens eines Gesandten, sind Bemerkungen eingestreut wie: "Der Wein brachte ihn etwas in Hitze" und "Er schien mir sehr betrunken". Das erschwerte den diplomatischen Verkehr mit ihm.
(Beispielsweise beschwichtigte der Hofprediger Hoeden wieder einmal brüskierten außerordentlichen Botschafter des französischen Königs, Marquis Feuquiès, mit folgenden Argumenten:
In Dresden sei die Roheit nunmal zu Hause, es sei besser, sie einzugestehen als etwas Gewohntes, Unvermeidliches, als sie zu beschönigen.
(Sogar die Söhne des Kurfürsten ließen dem Marquis ausrichten, daß sie sich ihres Vaters schämten.)