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Hier gibt es dies und jenes aus dem Leben der Leute von 1660 bis 1690
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Diese Seite will nur einen groben Überblick, der Entwicklung in der Zeit von 1660 - 1690 aufzeigen, um so besser die Welt
meiner Ahnen verstehen zu können. Dabei geht es mir nicht darum, die deutsche Geschichte genau zu erfassen, sondern
Ereignisse aufzuzeigen, die für das Leben der einfachen Leute wichtig wurden.
Alles andere würde den Rahmen dieser Homepage sprengen.
Die wichtigsten Schlagworte
Was ist ein Seldner?
Bei einem Blick in die Vergangenheit müssen wir feststellen, daß die Dorfstruktur viel komplexer und
differenzierter gewesen ist, als wir sie uns heute zunächst vorstellen. Auch in den reichen Bauerngegenden,
wozu die fruchtbare Hohenloher Ebene gehört, gab es nicht nur Großbauern. Die alte Dorfgemeinschaft setzte
sich zusammen aus Bauern, Seldnern sowie Haus und Schutzgenossen. Der Anteil der einzelnen Gruppen war von
Dorf zu Dorf verschieden, im Durchschnitt machte er je ein Drittel aus.
In dieser Dorfgemeinschaft hatten allein die Bauern und die Seldner (selde: mittelhochdeutsch = ein verfügbares Stück Land)
Besitz an Grund und Boden. Er wurde ihnen von der Herrschaft zur Verfügung gestellt, sie mußten dafür ihren
"Zehnten" (Steuern) sowie "Hand- und Spanndienste" leisten. Erst
mit der "Bauernbefreiung" in der ersten Hälfte des
19. Jahrhunderts können sie den oft seit Generationen
bewirtschafteten Grund und Boden erwerben.
Die Hausgenossen hatten dagegen keinerlei Besitz. Sie lebten als Magd und Knecht auf den bäuerlichen
und herrschaftlichen Gehöften, oder sie erwarben ihren Lebensunterhalt durch Flickhandwerk oder
Hausierhandel. Da ihnen der materielle Hinterhalt fehlte, bildeten sie die dörfliche Unterschicht. Die
Hausgenossen hatten nicht einmal das Recht auf Aufenthalt im Dorf, sie wurden nur geduldet.
Ursprünglich war nur der Bauer Mitglied der Gemeinde und damit der Gemeindeversammlung. Bis auf wenige
Ausnahmen hatten sich die Seldner jedoch ihr "Gemeinrecht" bis ins
17. Jahrhundert hinein erkämpft.
Neben den Pflichten der Frondienste besaßen Bauer und Seldner ab diesem Zeitpunkt gemeinsam das Recht,
jährlich einen Dorfmeister zu wählen, für alle verbindliche Satzungen aufzustellen und auf ihre Einhaltung
mit Hilfe von Bußgeldern zu achten. Die Satzungen regelten u.a. die Nutzung der Allmende und die des
Ackerlandes innerhalb der Dreifelderwirtschaft. Der rechtliche Gegensatz verschwand, der wirtschaftliche
blieb jedoch bestehen.
Die Dorfordnungen blieben bis zur Mediatisierung 1806
(in Folge des Reichsdeputationshauptschlusses von 1803 werden kleine
Landeshoheiten aufgelöst) in Kraft. Nun werden alle Dorfbewohner in Hohenlohe Untertanen
des württembergischen Königs, wodurch auch die bis dahin recht- und pflichtlosen Haus- und Schutzgenossen
rechtlich gleichgestellt werden. Der Besitz- und Einflußunterschied bleibt natürlich bestehen.
Typisches Seldnerhaus aus Untersteinbach
Über das Haus von Hans Hainlin ist nur folgender Eintrag aus dem
Schatzungsbuch der Herren zu Hohenlohe von 1680
überliefert:
"Ein Haus undt Scheuren samt einem Scheurenplatz nebenst."
Er hatte, vom Simonsberg stammend, in Heuholz eingeheiratet. Sein Sohn, der den Hof
später erbt, wird in den Kirchenbüchern als "Seldner" bezeichnet. Wie kann man sich sein Haus,
seinen Hof vorstellen? Das Bild links zeigt ein Seldner- oder Taglöhnerhaus am Ortsrand in Untersteinbach.
Das niedrige, langgestreckte Gebäude ist in Wohnteil (links) und angebauter Stall- und Schuppenzone
(Mitte und rechts) aufgeteilt. Im Stall solcher Anwesen fehlte nie die Geiß, die "Kuh des kleinen Mannes
". In einem Verschlag unter der Treppe zum Dachboden waren Hühner untergebracht; als Ausgang für
Federvieh und die Hauskatze gab es in vielen Häusern eine kleine Öffnung mit Schiebetürchen unten in der Haustür.
Wenn man bedenkt, das Hans Hainlin 11 Kinder hatte, von denen allerdings nur 7 die ersten 4 Lebensjahre
überlebten, so wird die Raumenge im Seldnerhaus deutlich. Man lebte und arbeitete in drangvoller Enge,
schlief dicht zusammengerückt in der einzigen Kammer und auf dem zugigen Dachboden (wo im Winter schon mal
Abends der Schnee auf den Betten lag - wohl für manches Kind ein Totesurteil). Die heute so oft beschworene
"Intimsphäre" - Fehlanzeige. Bei allen Hausbewohnern war die persönliche Habe auf das mindeste beschränkt.
Seldnerhaus aus Schwarzenweiler
Seldner allgemein
Neben den Höfen der großen Bauern gab es in jedem Dorf eine Reihe unterschiedlicher
"Kleinbauernanwesen". Schon vor zweihundert Jahren war in den Dörfern eine sehr
differenzierte und arbeitsteilige Bevölkerung herausgebildet. Handwerker spezialisierten sich und boten ihre
Dienstleistung den ganz auf Ackerbau und Viehzucht eingestellten Vollbauern zu deren Arbeitserleichterung an.
Kleinbauern stellten ihre Arbeitskraft den Großbauern zur Verfügung und verdingten sich bei ihnen oder bei der
Herrschaft für vielerlei Arbeiten im Jahreslauf. Seldner, Köbler, Beisassen oder Taglöhner heißen diese ärmeren
Landbewohner. Seldner sind dabei jene Dörfler, die zwar noch das Glück hatten, ein eigenes Haus mit einem
kleinen Stück Land zu besitzen, aber weder allein von der Landwirtschaft noch von ihrer
"Fremdarbeit" oder einem Handwerk leben konnten. Gerade im Zeitraum der
Allmendauflösung oder der Aufteilung von herrschaftlichem Grund und Boden gegen Ende des
18. Jahrhunderts nahmen viele bis dahin besitzlose
"Beisassen", also Mieter im heutigen Sinn, die Chance war, sich am Ortsrand oder manchmal
sogar zwischen den Gütern einkaufen zu können und sich ein eigenes Häuschen zu bauen.
Das Seldnerhaus aus Schwarzenweiler hat vermutlich genau einem solchen Umstand seine Entstehung zu verdanken.
Zum Haus selber
Bild links: Skizze des Wohnbereiches über dem Stall
Bild unten: Skizze des Erdgeschosses mit dem Stall
Gebäudedaten: Länge x Breite: 13,00 m x 6,70 m
Das kleine Gebäude mit einer Grundfläche von nicht mehr als 90m2 ist als sogenanntes "Einhaus"
gebaut. Unter einem gemeinsamen Dach sind Wohnung, Stall und Scheune angeordnet. Die Wohnung ist
"gestelzt", da sie über dem niedrigen Stall liegt; sie besteht nur aus vier Räumen: dem
Flur, der Küche, der Stube und einer Kammer. Die Anordnung dieser Räume zueinander entspricht dem klassischen
Prinzip des Grundrißzuschnitts der ländlichen Häuser in unserer Region. Die Küche ist etwas breiter als der
Flur und kann so mit der Stube eine gemeinsame Wand bilden, an der früher der Stubenofen stand und als
Hinterlader von der Küche aus geschürt wurde. Stube und Kammer waren, wie in den Häusern der Bauern und
Seldner üblich, nur durch eine dünne Bretterwand geteilt. Von der Küche aus führt eine enge Stiege in den
nichtausgebauten Dachboden, wo die Kinder schliefen. Durch das ganze Gebäude läuft eine Querwand vom
Untergeschoß bis zum First, der im oberen Bereich als originale Lehmflechtwand aus der Erbauungszeit erhalten
ist. Diese Wand kann man als eine Art Brandwand bezeichnen, sie trennt den Wohnteil mit dem Stall vom
Wirtschaftsteil, der Tenne mit dem Barn. An der rückseitigen Traufe hat das Haus zwei Anbauten, in Verlängerung
des Flurs einen zeitweise als Stall genutzten kleinen Raum, in den Akten als "Laubstall"
bezeichnet. Daneben wurde der an die Küche angebaute Backofen im Museum wieder rekonstruiert sowie der zugige
Abort als Bretterverschlag. Vorne am Hausgiebel war in Schwarzenweiler ein Schweinestall in Verlängerung
des Laubstalls angefügt.
Die genaue Bauzeit des Hauses konnte bisher noch nicht bestimmt werden. Das vorhandene Holzgefüge mit den vielen
Lehmflechtwänden und das archivarisch eingegrenzte Baudatum
"um 1780" widersprechen sich etwas. Aufgrund des
Holzgerüstes würde man ohne Kenntnis der Urkunden auf eine Bauzeit um
1700 tippen. Dendrochronologische Untersuchungen brachten bisher kein
abgesichertes Ergebnis, da das Haus aus sehr viel zweitverwendetem Material erbaut war, da als Holzart neben
Fichte und Eiche vor allem Akazie, für die keine Standardkurven existieren, zum Einsatz kam und da die verbauten
Hölzer wenig Jahresringe aufweisen.
Über die verschiedenen Bauveränderungen am Haus selber ist wenig aktenkundig geworden. Die massiven Außenwände des
Wohnstocks sind junge Erneuerungsmaßnahmen, sie dürften wohl im ersten Viertel unseres Jahrhunderts die alten
Fachwerkwände ersetzt haben. Auch die rückwärtige Giebelwand als verputzte Ziegelmauer im Bereich des Barn ist
einer Reparatur zu verdanken. Eine genaue Farbuntersuchung der Wandschichten erbrachte erstaunlich bunt und
aufwendig gestaltete Schablonenmalereien an den Wänden. Sie entstammen wohl den zwanziger Jahren unseres
Jahrhunderts. Nach den Erzählungen der Nachfahren der letzten Bewohner konnte deren Einrichtung im großen und
ganzen nachgestellt werden, sie entspricht jetzt im Museum dem Zustand um
1925.
Aus alten Waldenburger Kirchenbüchern
Hier zunächst zwei Einträge und Hinweise der Pfarrer auf besondere Vorkommnisse die meist noch vor der
Kriegsvernichtung des Pfarrarchivs durch E. Schmidt zusammengetragen worden waren.
1690: Den 24.November war zwischen 3 und 4 Uhr nachmittags ein so starkes Erdbeben,
daß die Türen sich bewegt und die Glocken angeschlagen, die großen Weinfässer im herrschaftlichen Schloßkeller sich
zusammen gestoßen. Daher ich wohlmeinend den 5.Dezember als monatlichen Buß- und Bet-Tag aus Psalm 18 Vers 8 eine
Erdbeben-Predigt gehalten und habe drucken lassen.
Quellennachweis
Buch "Dorf und Bauernhaus in Hohenlohe-Franken - Bildzeugnisse aus der Vergangenheit" Hohenloher Freilandmuseeum Wackershofen
Buch "Ländliche Bauten aus dem Fränkischen Württemberg" Hohenloher Freilandmuseeum Wackershofen