Die Heinle´s Mühle
"ain mulin ... haiszt die
Hainlis mulin"
So wurde die Heinle´s Mühle 1480 erwähnt.
Durch das Tal des Hagbachs und der Schwarzen Rot, zwischen Alfdorf und Gschwend, führt der Mühlenwanderweg
die Wanderer an der Heinlesmühle vorbei. Ein stattliches, repräsentatives Fachwerkhaus, das frische
und klare Wasser des Mühlbachs - der Heinlesmühle ist ein Flair eigen, das an die Jahrhunderte erinnert, als
Naturkraft vom Menschen noch mit der Natur, nicht gegen sie gebraucht wurde. Vom Wohlstand vergangener
Zeiten erzählt das imposante Fachwerkgebäude des Wohnhauses. Den unteren Hauseingang verziert eine
Sandsteinlaibung mit Engelchen, deren pausbäckige Gesichter von einer Perücken-Haartracht umrahmt werden,
wie sie im 18. Jahrhundert Mode war. Über der Tür ist in den Stein geritzt:
"Thomas Bareis, Rosina Bareisin, 1809". Im Nebengebäude, der Sägmühle, fand sich folgende Inschrift: "18 Nicodemus Bareis 27" (mit Wasserrad-Symbol zwischen Vor- und Familienname). Hühner und Gänse tummeln sich im Mühlbach unterhalb der Säge, in der das Sägblatt emsig rattert.
Die Mühlenchronik vermerkt, daß hier schon zur Stauferzeit eine Mühle stand. Im 12. Jahrhundert gehörte sie
der Reichsstadt Schwäbisch Gmünd, die sie im Jahr 1557 gegen andere Güter mit den Limpurger Schenken
tauschte. Das Jahr 1574 sah die "Huinlinsmühl" als gutgehendes Unternehmen mit einer Mahl- und einer Sägemühie. Im limpurgischen Lagerbuch des Amts Gschwend ist verzeichnet, was an jährlichen Abgaben
zu entrichten war:
2 Gulden in Gold, 4 Viertel Habern, 2 Faßnachtshühner, l Vogthuhn, zur Wegläufin (Wegunterhaltung)
5 Pfund {etwa einen Gulden) und ebensoviel Handlohn. Die Mühle, so schrieb der fleißige Lagerverwalter nieder, ist sonst meinem gnädigen Herrn mit aller Obrigkeit, nichts ausgenommen, unterworfen.
Gibt auch großen und kleinen Zehnten von der Mahl- und Sagemühle.
Die Familie Bareis, deren Thomas und
Rosina sich über der alten Haustüre verewigten, bewirtschaftete die Mühle 177 Jahre lang, von 1672 bis 1849.
Dann wurde sie wegen zu hoher Ausdinglasten verkauft. 1837 ist als Besitzer ein Gottfried Strohmaier
vermerkt. Seit 1899 ist die Heinlesmühle im Familienbesitz der Familie Fritz, jetzt Fürstenau. 1979 wurde sie mit Hilfe des Landkreises und des Landesdenkmalamtes grundlegend renoviert.
Die damalige Bedeutung der Mühle als Wirtschaftsfaktor wird verdeutlicht durch das Steueraufkommen, wonach bei einer jährlichen Gesamteinnahme der Gemeinde von 42 Gulden im Jahre 1829 allein die Heinlesmühle über 10 Gulden = 25%
aufgebracht hat. In der Zeit der Herrschaft der von Limburg spielte die Heinlesmühle innerhalb der Gemeinde eine bedeutende Rolle. Hier befand sich zeitweise die Schultheißerei - also das Rathaus (bis zur Mitte des 19. Jahrhundert). Da der Müller auch die Schildwirtschaftsgerechtigkeit besaß konnten die abgeschlossenen Verträge und andere Verhandlungen gleich mit einem Schoppen Wein besiegelt werden.
Vor 150 Jahren musste das Wohnhaus auch als Schule herhalten. Der Filialschulmeister hatte 178 Schüler zu unterrichten. Die Zeiten waren damals nicht so rosig wie heute. Die Frau des Lehrers hatte die Erlaubnis mit Schuhnesseln und anderen Kleinkram haussieren zu dürfen, um den Hungerslohn des Mannes aufzubessern und um die eigene Kinderschar zu versorgen.
Die Heinlesmühle zählt zu den technikgeschichtlichen Besonderheiten, die der 32 Kilometer lange
Mühlenwanderweg durch den Welzheimer Wald anbietet. Denn sie vereint zwar Mahlmühle und Sägemühle, aber in
zwei voneinander getrennten Gebäuden. Ein Holzsteg führt vom Wohnhaus, in dem die Mahlmühle sich befindet,
über die Wasserrinne zur Sägemühle, die heute noch in Betrieb ist. Das oberschlächtige Mahlmühlrad
liegt direkt neben dem Sägemühlrad. Dem "Wasserrechtsbuch", in dem alle Mühlen eingetragen wurden, kann
man entnehmen, daß zur Mühlenanlage ein Wohnhaus mit Mahlmühle gehörte, ein Kellerhaus, ein Sägemühlengebäude,
eine Scheuer, und - selbstverständlich in dieser Gegend - ein Backhaus. Dies ist bis heute so geblieben.
Mühlentechnik zum Zuschauen
Die Mahlmühle hatte zwei Mahlgänge und einen Gerbgang, die durch drei oberschlächtige Mühlräder betrieben wurden.
Im Gerbgang wurde Dinkel von der Spreu befreit und somit zum eigentlichen Mahlen vorbereitet. Die Sägemühle
hatte einen Gang und wurde durch ein "Fladerrad" betrieben. Ein Flatterrad ist ein unterschlächtig stoßgetriebenes Mühlrad. Es hatte einen relativ kleinen Durchmesser, 0,70 bis 1,70 Meter, und wurde an Orten gebaut, an denen dem Mühlbetrieb viel Wasser, mehr als ein Sägewerk brauchte, zur Verfügung stand. Flatterräder waren billige Formen von Wasserrädern. Erstens waren sie kleiner als die oberschlächtigen und zweitens entwickelten sie eine hohe Drehzahl. Ein Schubkurbeltrieb unmittelbar über dem Mühlrad bewegte das Sägegatter in senkrechter Richtung auf und nieder. Damit war ein teureres Holzgetriebe eingespart. Das Wasser schoß über eine steile Rinne auf das Rad herunter und versetzte es in rasche Rotation.
Ein oberschlächtiges Mühlrad arbeitet anders. Die einzelnen Segmente des Rades werden von oben mit Wasser gefüllt.
Das Gewicht des Wassers setzt das Rad in Bewegung. Das Wasser wird erst dann wieder aus den Segmenten ausgeleert,
wenn sie unten an der tiefsten Stelle angekommen sind. Man wandte dieses Prinzip bei Gefällen von drei bis zehn Metern an. In der Heinlesmühle übertrugen vier Mühlräder, drei oberschlächtige und ein unterschlächtiges, die Wasserkraft
auf die Mühlentriebwerke. Alle Seitenbäche der Rot wurden dazu hergeleitet, wie das Wasserrechtsbuch vermerkt: "Oberhalb dem neuen Wöhr und in kurzer Entfernung befindet sich auf der rechten Seite der Roth ein dem jeweiligen Mühlenbesitzer gehöriger kleiner See, um das Wasser von der dortigen Klinge zu sammeln. In der Nähe der Stelle, wo sich das alte Wöhr befand, wird das Wasser aus dem Thale östlich Hundsberg mittels einer hölzernen Rinne über die Vertiefung hinüber in den Mühlkanal geleitet."
Auch in der Heinlesmühle wurde modernisiert. Die früheren drei Wasserräder der Mahlmühle wurden durch ein einziges,
höheres und breiteres oberschlächtiges Rad ersetzt. Das Flatterrad der Sägemühle wurde ebenfalls ersetzt, und zwar durch ein gleichfalls oberschlächtiges, aber nur wenig kleineres Rad. Im Jahr 1910 waren hier noch drei Mahlgänge und
ein Gerbgang im Wohn- und Mahlmühlenhaus in Betrieb, im benachbarten Sägemühlengebäude eine Säge, ein Hochgang mit einem Blatt und eine Rundsäge.
Das Auf und Ab der Säge
Die Sägemühle arbeitet nach einem einfachen Prinzip, wie heute noch zu beobachten ist. Das Wasser strömt über die hölzerne Wasserrinne auf das oberschlächtige Mühlrad. Dieses sitzt auf dem Wellbaum, der die empfangene Kraft auf Zahnräder (das Stirnrad und das Kummrad) überträgt. Das Kummrad befindet sich auf der Kurbelwelle, die das Schwungrad
und die Kurbelscheibe dreht. Die Kurbelscheibe bewegt die Kurbelstange auf und nieder. Diese überträgt die Kraft auf den Gatterrahmen, der in Führungen am Gatterständer läuft. Im Gatterrahmen sind die Sägeblätter angebracht. Der Stamm, der zersägt werden soll, ist auf dem Wagen zwischen dem Ruheschemel und dem Stellschemel festgeklemmt. Der Wagen
(der aus den Wagenriegeln und den Wagenbäumen besteht) läuft auf den Straßbäumen. Beim Sägen wird er vom Schiebezeug (dem Setzrad, das über das Setzzahnrad und die Zahnstange den Wagen der Säge zuführt) geschoben. Die Schneidelinie
der Säge ist nicht senkrecht, sondern steht oben vor, man sagt, sie hat einen "Busen". Die Säge sägt also nur, wenn sie nach unten bewegt wird. Wird sie nach oben bewegt, gibt das Sägeblatt einen Spalt frei. Um dessen Breite wird der Wagen zur Schneide vorgeschoben. So sägte man mit Hilfe einer ausgefeilten, doch genial-einfachen Technik aus Baumstämmen Bretter.
Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts war die Heinlesmühle eine Schildwirtschaft und zeitweise sogar Schultheisserei für Vordersteinenberg. Heute pilgern die Wanderer vorbei. Wenn sie dem Bauern in der Säge genug auf die Finger geschaut haben, gehts weiter zur Hummelgautsche, der Vaihinghofer Sägemühle in südlicher, oder zur Menzlesmühle in nördlicher
Richtung. Die Sägmühle war bis Anfang der 90er Jahre in Betrieb und stellt heute eines der Prunkstücke des Mühlenwanderwegs dar. Einen genaueren Hinweis, wie die Heinlesmühle zu ihrem Namen gekommen ist, liegt mir leider nicht vor. Denkbar wäre, das die Mühle im 15.Jahrhundert von einer Familie Heinle betrieben wurde, die auch Verbindungen zum Gasthaus Krone nach Welzheim gehabt haben könnte. Wie gesagt, dies ist lediglich Spekulation. Für Hinweise und Tipps bin ich immer dankbar!!
Hier finden Sie eine kurze Wegbeschreibung