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Hier gibt es dies und jenes aus dem Leben der Leute von 1690 bis 1720
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Diese Seite will nur einen groben Überblick, der Entwicklung in der Zeit von 1690 - 1720 aufzeigen, um so besser die Welt
meiner Ahnen verstehen zu können. Dabei geht es mir nicht darum, die deutsche Geschichte genau zu erfassen, sondern
Ereignisse aufzuzeigen, die für das Leben der einfachen Leute wichtig wurden.
Alles andere würde den Rahmen dieser Homepage sprengen.
Die wichtigsten Schlagworte
Vom Bauernsohn zum Bäcker
Mein Vorfahre Johann Michael Heinle lebte als Bauer in Heuholz, wo er den Elterlichen Hof übernahm. Sein Bruder
Johann Martin Heinle heiratete in eine Öhringer Bäckerei ein. Ich will hier versuchen seinen Lebensweg nachzuzeichnen.
Da wo ich keine Aufzeichnungen zu seiner Person habe, werde ich mich auf allgemeine Quellen stützen.
Johann Martin Heinle wurde am 07 November 1659 als 5tes Kind von Hans Hainlin geboren. Seine Kindheit verbrachte er
in Heuholz, geprägt vom ländlichen Leben. Nach der "Hohenlohische Schulordnung",
die 1596 für die Grafschaft ausgegeben wurde, waren alle Kinder gehalten die Schule zu besuchen. Gerade bei den ärmeren
Schichten beschränkte sich der Schulbesuch wohl auf die Wintermonate, wenn es auf dem elterlichen Hof weniger Arbeit gab.
So verbrachte Johann Martin ab ca. 1666 seine Wintermonate beim Lehrer Hans Wolfgang Roth an einem heute unbekannten
Ort, da das erste Schulhaus in Untersteinbach erst 1680 erbaut wurde.
Wohl um 1670 begann er vermutlich in Untersteinbach eine Bäckerlehre. Da die Bäcker zu den sogenannten "ehrlichen"
Ständen gehörten, musste er dem Meister zunächst seinen Geburtbrief vorlegen, aus dem seine "ehrliche" Abstammung
hervorging. Nach der zwei- bis vierwöchigen Probezeit wurde er als Lehrling angenommen. Johann Martin wurde als Lehrling
quasi in die Familie des Meisters aufgenommen. Für die Ausbildung und Unterkunft im Haus des Bäckers hatte sein Vater
ein Lehrgeld zu bezahlen, dessen Höhe die Zunft der jeweiligen Stadt festlegte. Überliefert ist die
Zunftordnung des Bäckerhandwerks in Öhringen.
Die Lehrjahre erlebten viele Lehrlinge in früheren Jahrhunderten oft genug als Leidensjahre. Der Meister hatte das
uneingeschränkte Recht zur körperlichen Züchtigung und in aller Regel machte er davon auch reichlich gebrauch.
Die Arbeit war schwer und dauerte lange. Bereits am Vorabend oder ganz früh in der Nacht mussten die Backöfen mit
Holz gefüllt werden, das die Lehrknechte mühsam heranschleppen und einschichten mussten. Schwer zu tragen hatten die
Buben auch am Mehl und den anderen Zutaten sowie später beim Ausliefern der frischen Backwaren.
Doch hatte die Ausbildung, die in der Regel drei Jahre dauerte, trotz aller Härten auch ihre guten Seiten. Wenn es
auch damals keine systematischen Lehrpläne gab, so lernten die Buben doch alles, was sie brauchten, um in ihrem Beruf
zu bestehen. Am Schluss stand bereits damals eine Abschlussprüfung, die wiederum von den Zunftmeistern abgenommen wurde.
Ähnlich wie heute hatten die Lehrlinge etwa ab dem 18.Jahrhundert ein "Probestück" zu fertigen. Wurde das Probestück
als gelungen betrachtet, begann die so genannte Lossprechung. Zum Schluss erhielt er seinen Lehrbrief überreicht.
Das Ende der Lehre bedeutete auch das Ende der Unfreiheit und Machtlosigkeit. Schon vor Jahrhunderten
schlossen sich die Gesellen in Berufsverbänden zusammen, die das Recht gegenüber dem Meister wahreten und für allgemeine,
gegenseitige Hilfe sorgten, eine Art Kranken-, Arbeitslosen-, Reise- und sogar Sterbekasse besaßen. Dazu übten sie
eine eigene Gerichtsbarkeit aus und bestraften Vergehen gegen das Zunftreglement oder Betragen. Diese Verbände
"Bruderschaften" geheißen, bildeten mit dem Verband der Meister die Zunft. Die Bruderschaften hielten zu ihren
Mitgliedern in unverbrüchlicher Treue. Der Eintritt in den Verband geschah durch das sog. "Gesellenmachen", das fröhliche
Fest, bei dem jeder neue Geselle einen lustigen Uebernamen erhielt und in das Gesellenbuch eingetragen ward.
Doch der neue Geselle blieb gewöhnlich nicht lange an Ort und Stelle und ergriff sein Bündel und seinen
Wanderstab. Nachdem er noch einen Abschiedstrunk gespendet hatte, zog er - ein ordentliches Stück von seinen Berufskameraden
begleitet - hinaus in die Ferne . Das Wandern war sogar meist obligatorisch: ohne 3- bis 4jährige Wanderschaft ward ein
Bäckergeselle nicht als vollwertig anerkannt. Man lernte das Leben mit anderen Augen zu betrachten, erwarb echte
Lebenserfahrung und machte sich mit den verschiedensten Arbeitsmethoden und den mannigfachen Gebäckarten vertraut.
Nicht selten brachte die Wanderschaft die Gesellen durch das ganze damalige Deutschland und in angrenzende
Länder. War Johann Martin Heinle auch auf Wanderschaft, wenn ja wo? Diese Frage wird sich
wohl nie mehr klären lassen.
Als in Öhringen der Bäcker Sigmund Ehrhardt verstarb, heiratete Johann Martin Heinle
dessen Witwe Magdalena. Diese war zu diesem Zeitpunkt bereits 53 Jahre alt (Er gerade 25 Jahre). Vermutlich keine
Liebesheirat, aber das war zu dieser Zeit sowieso nicht üblich. Der junge Geselle hatte eine gesicherte Zukunft und die
Witwe war im Alter versorgt. So war beiden geholfen. Das Haus, das Sie mit in die Ehe bringt wird 1687 in den
Ratsprotokollen als baufällig bezeichnet. Erst aus der zweiten Ehe, die er 19 Jahre später eingeht, werden im Kinder geboren.
Die Inhaltstoffe seiner Brote bestand vermutlich aus dunklem, meist "durchgemahlenem" Weizen-, Spelz- (=Dinkel) und
Roggenmehl; außerdem aus Wasser, Salz, Sauerteig oder Brauereihefe. Das Rezept dürfte folgendermaßen lauten:
100 Teile Mehl
60-75 Teile Wasser
2 Teile Salz
2-5 Teile Hefe
Bei Sauerteigverwendung wird 20-40% des Mehls im Sauerteig verarbeitet.
Die gebräuchlichen Getreidearten sind die oben genannten; gebietsweise werden auch Gerste und Hafer als Breigrundlage verwendet.
Quellennachweis
Stadtarchiv Öhringen
Kirchenbücher Öhringen
Buch "Pfedelbach 1037-1987", Seite 104-106, 246, 235
Broschüre "Neues vom Himmelbäck" Ausgabe 1/2000, Ulm
Buch "Öhringen Stadt und Stift" von der Stadt Öhringen
Richemant Fachblatt, Mai 1949
Richemant Fachblatt, September 1949
"Grundinformation über Brot im Mittelalter", Museum der Brotkultur Ulm